Der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter der Ruby Hotels erläutert seine Expansionspläne und wo er für das Lean-Luxury-Konzept noch großes Potenzial sieht.
Tophotel: Herr Struck, warum ist es Ihnen wichtig, die Zahl Ihrer Standorte schnell weiter auszubauen?
Michael Struck: Schnell ist relativ. Alle Projekte sind Herzensangelegenheiten, um die wir viele Jahre gekämpft haben. Sie liegen alle in unseren Wunsch-Städten und -Lagen, und wir mussten hart daran arbeiten, sie mit hohem Qualitäts- sowie Nachhaltigkeitsanspruch und zugleich wirtschaftlich zu realisieren. Mit unserem Lean-Luxury-Konzept erreichen wir eine neue und stark wachsende Marktnische. In diesem Segment, das einige als Affordable Luxury bezeichnen, uns gefällt Lean Luxury besser, sehen wir die Chance, mit Ruby einer der führenden Anbieter weltweit zu werden. Unser Ziel ist es, für uns und unsere Gäste die Vorteile einer Marktsegment-Führerschaft zu erschließen: Nachhaltige Profitabilität gepaart mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Wie sehen die Pläne konkret aus: Welche Standorte sind fix, und wann ist mit den Eröffnungen zu rechnen?
Wir werden bis Ende des Jahres noch zwei Hotels und zwei Workspaces eröffnen: Ein weiteres Hotel in London im Stadtteil Clerkenwell Ende des Jahres und ein Hotel in Stuttgart im Frühherbst mit angeschlossenem Workspace. Die Eröffnung eines weiteren Workspace ist für das vierte Quartal auf Malta geplant. Ansonsten sind Projekte in Europa in Rom, Florenz, Edinburgh, Frankfurt, Marseille sowie zwei in Dublin bestätigt, die über die nächsten zwei Jahre eröffnen werden. In China gehen innerhalb der nächsten zwölf Monate fünf Projekte an den Start...
Sind Sie weiter auf Standortsuche? Welche Städte reizen Sie besonders?
Lean Luxury bietet noch viel Potenzial. Wir fokussieren uns weiter auf die Großstädte Europas. Im Fokus liegen aktuell besonders Frankreich, Italien und Spanien. In China expandieren wir stark über ein 2018 gegründetes Joint Venture. Mittelfristig sehen wir aber auch unsere Chance in ausgewählten Mittelstädten und Freizeit-Destinationen. Langfristig wollen wir zudem in Nordamerika wachsen sowie in Asien über China hinaus.
Die Inflation treibt zurzeit auch die Baukosten in die Höhe. Verändert das Ihre Planungen?
Wir machen nur profitable Projekte und werden den notwendigen Sicherheitspuffer in unseren Mietkalkulationen nicht ändern. Insofern müssen wir schauen, ob es dann aufseiten unserer Immobilienentwickler noch passt. Schließlich sind auch die Zinsen gestiegen. Was uns allerdings relative Vorteile gegenüber anderen Betreibern gibt und für unsere Immobilienpartner den Vorteil eines höheren Kapitaldienstpotenzials bedeutet: Wir sind aufgrund unserer Personalkosteneffizienz weniger von den Lohnkostensteigerungen betroffen als andere. Unsere hohe Flächeneffizienz wiederum bedeutet, dass auch die höheren Energiekosten weniger stark zu Buche schlagen. Und wir können sehr effizient und flexibel mit Bestandsgebäuden arbeiten. Häufig – und hier sehen wir in Zukunft großen Spielraum – sind dies Umnutzungen ehemaliger Büro- und Einzelhandelsflächen. Eine Umnutzung ist mit geringerem Bauaufwand verbunden als ein Neubau.
"Wir sprechen mit Lean-Luxury die kosten- und stilbewussten Reisenden an, die ein hochwertiges Hotelerlebnis suchen."
Alle Ihre Hotels haben Namen. Wer kreiert sie und mit welchen Anforderungen?
Die Namen unserer Hotels werden von der Historie des Gebäudes und der Umgebung inspiriert, in der das Projekt liegt, und zusammen mit der Design-Story entwickelt. Meistens ist daher unser internes Interior-Design-Team an der Namensfindung beteiligt, zusammen mit der Geschäftsleitung.
Nie stehenbleiben ist Ihre Maxime. Welche Innovationen gibt es in Ihren neuen Hotels? Wie entwickelt sich Ihr Lean-Luxury-Konzept weiter?
Wir entwickeln unsere Produkte stetig weiter, unter Berücksichtigung des Feedbacks unserer Gäste. Zum einen sind wir gerade dabei, die Bäder neu zu gestalten und unser kulinarisches Angebot zu erweitern. Außerdem haben wir für unsere Bars ein umfangreiches Programm entwickelt, das jetzt ausgerollt wird. Dazu gehören beispielsweise Resident Artists, also besonders begabte Musiker, die wir fördern.
Inwieweit werden auch die bestehenden Häuser angepasst?
Wir schauen immer, wie wir das Gästeerlebnis weiter verbessern und Ruby noch erlebbarer machen können. Vergangenes Jahr haben wir beispielsweise das System „Bring Your Own Device“ (BYOD) in unseren Hotels gestartet. Es ermöglicht unseren Gästen, ihr Smartphone oder ihren Tablet-PC mit dem Fernseher im Hotelzimmer zu verbinden und so zum Beispiel Lieblingsserien von Netflix oder Prime mit wenigen Klicks abzuspielen. Über das neue BYOD-System können wir den Gästen zudem noch einfacher Informationen über Ruby und unsere Angebote, aber auch über ihr Reiseziel zur Verfügung stellen.

Wie wachsen die internen Strukturen mit und bleiben gleichzeitig möglichst schlank?
Wir arbeiten mit einem außerordentlich hohen Grad an Zentralisierung, und hinter den Kulissen auch mit einem sehr hohen Automatisierungsgrad. Das bietet uns die Flexibilität, neue Projekte einfach einzubinden und dennoch die Strukturen schlank zu halten. Etwa 20 Prozent unserer derzeit rund 550 Mitarbeitenden beschäftigen wir in der Zentrale in München, von hier aus werden auch Teile des Front Offices abgedeckt.
Haben Sie für Ihre Projekte eine Mindest-Zimmerzahl festgelegt?
In der Regel rechnen sich Projekte bei uns ab 80 Zimmern. Auch das ist aber ein wenig von Projekt und Standort abhängig.
Zum Thema Planung, Bau und Einrichtung: Was wickeln Sie intern und was mit externen Partnern ab?
Das Design und das Storytelling werden inhouse kreiert. Für die Bereiche Planung, Bau und Einrichtung haben wir eine eigene technische Abteilung mit vier Unterabteilungen: Design, Architektur, Projektmanagement und Technical Building Services. Wir können alles selbst abwickeln und benötigen nur bei größeren Projekten – oder wenn wir mehrere gleichzeitig umsetzen – externe Unterstützung. Wir haben beständige Partnerschaften mit Büros für Architektur und Projektmanagement sowie Haustechnik, die Ruby von Beginn an kennen und uns auch bei Projekten im Ausland unterstützen. Aufseiten der Entwickler gibt es Partner, mit denen wir bereits mehrere Projekte gemeinsam realisiert haben, was natürlich die Prozesse effizienter gestaltet. In neuen Märkten schauen wir aber auch immer nach neuen lokalen Partnern.
Welche Zielgruppen haben Sie im Blick? Sind diese deckungsgleich mit den Gästen, die Ihre Hotels auch tatsächlich besuchen?
Wir sprechen mit unserer Lean-Luxury-Philosophie die kosten- und stilbewussten Reisenden an, die ein hochwertiges Hotelerlebnis suchen, aber nicht für Extras zahlen möchten, die sie nicht benötigen. Diese Zielgruppe findet sich definitiv auch bei unseren Gästen wieder. Ruby ist aber für jeden offen. Oft hängt der Mix der Gäste auch ein wenig vom Standort selbst ab.
Ihre Bars sind rund um die Uhr geöffnet. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Für uns ist es wichtig, mit unseren Bars Teil der lokalen Barkultur zu sein und sowohl für unsere Hotelgäste als auch für Locals ein Ort zu sein, an dem sie Gleichgesinnte treffen können. Viele unserer Bars haben sich fest im jeweiligen Stadtleben etabliert.
In Ihren Bars bezahlen Gäste bargeldlos. Wie kommt das beim Publikum an? Und: Ist das ein Teil Ihrer Effizienz-Strategie?
Jein. Dass wir uns auf bargeldlose Bezahlung beschränken, ist Teil unserer verschlankten Prozesse. Anlass für die flächendeckende Einführung des bargeldlosen Bezahlens war aber der Wunsch unserer Gäste während der Coronapandemie, möglichst kontaktarm reisen zu können. Wir haben es zuerst in einzelnen Hotels getestet und festgestellt, dass es von unseren Gästen gut angenommen wird. Unsere Zielgruppe ist sehr international, technikaffin und reist viel. Daher empfindet sie den rein digitalen Weg zu bezahlen als normal.
Was ist Lean Luxury?
Jedes Ruby Hotel hat seinen individuellen und zum Standort passenden Stil, der inspirierend, stilvoll und gemütlich sein soll. Mit Lean Luxury, übersetzt etwa schlanker Luxus, konzentrieren sich die Hotels auf das Wesentliche. Als Standorte werden Stadtzentren mit sehr guter Verkehrsanbindung gewählt. Große, bequeme Betten sorgen für erholsamen Schlaf. Es gibt Power-Duschen, kostenloses Highspeed-WiFi und ein gesundes Frühstücksbuffet, das in den rund um die Uhr geöffneten Bars serviert wird. Besonders effizient: Die Gäste checken selbstständig ein und geben ihre Schlüsselkarte zum Check-out an der Bar ab.
Ein wichtiges Unternehmensstandbein sind Workspaces, für die es Tageskarten oder All-inclusive-Mitgliedschaften für private Büros gibt. Finanzstarke Partner unterstützen die Ruby-Expansion, wie ECE Group, Soravia Group, Franger Investment, Ocean Link. Der Unternehmer Michael Hehn und Michael Struck halten gemeinsam die Unternehmensanteile.